Japanlack – Urushi (漆)

Urushi (Japanlack)  ist der frühste und einer der haltbarsten Naturlacke der Menschheit. Der Lack wird in Ost- und Südostasien aus dem Saft des Urushi-Baumes „ Rhus vernicifua / Toxicodendron vernicifluum” und anderen Baumarten gewonnen. In China, Japan und südostasiatischen (Vietnam, Thailand, Myanmar) Ländern wird er seit vielen Jahren in jeweils spezifischen Art und Weisen verwendet. In Japan spielt Urushi eine ganz besondere Rolle, es wird sogar von einer “Urushi-Kultur” gesprochen: dieses Material ist so mit Geschichte, Religion, Alltag, Architektur, Handwerk, und Kunst verbunden, dass es selbst nach 12.000 Jahren seit der ersten Anwendung in Japan immer noch als wichtiges Kulturgut angesehen wird. Auch im Alltag der Japaner ist Urushi anzutreffen ist, trotz des seltenen, teueren Materials und der langen zeitaufwendigen Fertigung.

Roland Meinel benutzt Japanlack seit 2005 für seine Schalen, Gefäße, seinen Schmuck und seine Objekte aus Papier.

Ca. 3.000 Jahre alte Keramik mit Rotlack beschichtet, gefunden in Korekawa-Nakai. Quelle:  https://en.wikipedia.org/wiki/ Kakinoshima_site, Autor: Mccunicano.

Der erste Lack wurde in Japan bereits um 7.000 v. Chr. während der Jōmon-Zeit verwendet1999 fand man an der Ausgrabungsstätte Kakinoshima in der Stadt Hakodate (Hokkaido) die ältesten Urushi-Artefakte der Welt – ein mit rotem Lack beschichtetes Stück Stoff – nach Untersuchungen auf 7.170 bis 7.050 v. Ch. datiert.

In der archäologischen Stätte Korekawa-Nakai (Hachinohe , Präf. Aomori) entdeckte man über 100 lackierte Produkte aus der späteren Jomon-Zeit (vor 3.000 Jahren) – Behältern wie Schalen, Teller, Töpfe, Kämme und Armbänder. Die Trägermaterialien waren teils verrottet, der Lack aber erhalten.

Viele der Produkte sind rot lackiert  – eine Farbe mit besonderer Bedeutung für die Jomon-Menschen (Farbe des Blutes oder der Seele, Schutz, Wiedergeburt, Wohlstand) – indem dem Lack rote Pigmente beigemischt werden.
Auch die Klebekraft von Urushi war bekannt, es wurden kaputte, mit Lack reparierte Töpferwaren entdeckt, eine archaische Vorstufe von Kintsugi.

 
Tamamushi-Schrein, 7. Jh., Horyuji, (Nachbildung),

Einführung des Buddhismus im 6. Jahrhundert brachte auch das Bekanntwerden die Urushi -Technologien aus Kontinentalasien (China, Korea) mit sich, die später assimiliert und zu Urushi Techniken entwickelt wurden, die einzigartig für Japan sind. Urushi galt viele Jahrhunderte als Luxusgut und war dem Kaiser und dem Adel in Verbindung mit der Religion (Buddhismus und Shintoismus) vorbehalten.

Ein bemerkenswertes Zeugnis früher Lackkunst ist die Goldene Halle (Konjikido) im Tempel Chuson-ji in Hiraizumi (Iwate), die 1124 fertig gestellt wurde. Das Gebäude ist nicht nur außen mit Schwarzlack beschichtet, sondern auch innen mit Lack und Blattgold, zusammen mit Makie (Goldeinstreuung) und Perlmuttdekor an Altarbeschlägen, Säulen und Buddha-Statuen. 

Ein sehr schönes Beispiel für frühe buddhistische Lackkunst ist der Tamamushi-Schrein ( Tamamushi no Sushi), ein Miniaturschrein (Höhe 226,6 cm) aus der Asuka-Zeit (7. Jh.), der im Tempel Horyu-ji, Ikaruga, Nara steht . Er besitzt Malereien und eingelegte farbig schimmernde Flügeldecken des Juwelenkäfers (Chrysochroa fulgidissima, Tamamushi).

Teller, Negoro-ji, Iwade, Wakayama

Im Tempel Negoro-ji der alten Provinz Kii (heute in Iwade, Präfektur Wakayama) entwickelte sich in der Muromachi-Zeit (1336-1573) ein eigener Stil, den man Negoro-nuri nannte. Die rot lackierten Gegenstände wiesen bei längerem Gebrauch Risse, Absplitterungen und Abreibungen auf, der schwarze Untergrund trat wieder zum Vorschein. Es entstanden unregelmäßige zufällige Muster, die den ästhetischen Vorlieben des Buddhismus entgegenkamen und die mit der Zeit absichtlich durch Abreiben und Schleifen des roten Lackes bewußt erzeugt wurden. Aufgrund des Angriffs des Feudal- und Kriegsherren  Hideyoshi Toyotomi 1585 auf den Negoro-ji-Tempel wurden die Mönche gezwungen, den Tempel zu verlassen. Einige siedelten sich im nahen Ort Kuroe (Wakayama) an, wo das Lackhandwerk heute noch ausgibt wird (Kishu-Lackwaren, Kuroe-nuri).

Der Handel über die Niederländische Ostindische Kompanie brachte japanische Urushiwaren nach Europa, die Schönheit und Eleganz seiner Golddekoration auf tiefen edlem Schwarz faszinierte die Europäer so sehr, dass sie den Begriff „Japanning“ verwendeten, um ihre eigenen Lackgegenstände im “japanischen Stil” zu bezeichnen, die aber mit Öllacken hergestellt wurden, da der echte Japanlack beim Transport erhärtete. 

In der Edo-Zeit (1603-1868) wurden viele Lacktechniken weiter entwickelt und neue erfunden. Die Urushi -Kunst erreichte ihren Höhepunkt an Raffinesse und Verfeinerung in Design und Techniken. Im 18. Jahrhundert nahm durch die Entdeckung neuer Pigmente auch die Verwendung farbiger Lacke zu.

Edo-Zeit (Möbel, Info, Medizinbehälter

 

Zentrum Kyoto, Edo (Tokyo),

regionale Zentren: Wakasa-nuri , Tsugaru-nuri,  Shunkei-nuri, Ecizen-nuriKanazawa, Aizu-nuri

 

Saft des Rhus verniciflua-Baums ,der eher härtet als trocknet. 

Urushi ist eine Farbe und auch ein Klebstoff.

Gehärtetes Urushi ist wasser- und säurebeständig und schützt das Objekt zudem vor Hitze, Salz, Schimmel und allen Arten von Witterungseinflüssen. Es wurde auf Holz, Keramik, Knochen, Körben, Stoff und Metall verwendet.

Verschiedene Begriffe, um sich auf Lackwaren zu beziehen.

Shikki bedeutet “Lackwaren” im wörtlichsten Sinne,

während Nurimono “beschichtete Dinge” und

Uroshi-Nuri “Lackbeschichtung” bedeutet

Im Allgemeinen härtet Urushi bei einer Temperatur von 25 °C und einer relativen Luftfeuchtigkeit von 70 % aus.

Drei Hauptmerkmale von Urushi sind seine Viskosität, lange Aushärtezeit und sein Glanz. 

Die verschiedenen lackierten Geräte, Utensilien und andere Gegenstände zeigen, wie unverzichtbar Lackwaren im Leben der Menschen waren.

Der Urushi-Baum wurde nicht nur zur Herstellung von Beschichtungsmaterial, sondern auch zur Extraktion von Wachs aus seinen Früchten und zur Herstellung von Holzschwimmern und Klebstoffen verwendet. Die meisten dieser Verwendungen von Urushi sind heute fast verschwunden.

Verwendung des Lackes:

Grundierungsstoff für…

Beschichtungsstoff für …

Lacktablett, Negoro-ji
Löffel für Tee, Kishu-nuri
Behälter, Tsugaru-nuri
Urushi – Herstellung- und Dekorationstechniken

Mit Klingenwerkzeugen werden Schnitte an Lackbäumen vorgenommen und der abgesonderte Lacksaft wird gesammelt. Der gesammelte Lack wird dann entwässert, veredelt und gefiltert, um seinen Glanz und seine Transparenz zu verbessern.

 

 

Holz wird zu Holzuntergründen verarbeitet. Jeder Teil des Stückes wird aus dem Holz herausgeschnitten und zusammengefügt. Dann wird das Basisteil rasiert.

 


Das Lackbeschichtungsverfahren wird in Basisvorbereitungs- und Beschichtungsverfahren unterteilt. Bei der Untergrundvorbereitung werden Kratzer auf dem Holzuntergrund ausgebessert, die Oberfläche geglättet und brüchige Teile durch Kleben von Stoff oder Washi (traditionelles Japanpapier) verstärkt.

Zwei grundlegende Technologien  werden bei Urushi angewendet.

Nuri-tate benutzt stark ölhaltige Lacke für die Lackschichten.  Die Decklackschicht wird bei dieser Technik nicht mehr poliert. Diese Technik wird oft für einfache Gebrauchsgegenstände verwendet.

Ro-iro ist ein langwieriger Prozess, bei dem Urushi  in mehreren Schichten aufgetragen und nach jeden Auftrag poliert wird, am Ende gar mit dem Handballen. Die farbtiefe, spiegelglänzende Oberfläche ist die Voraussetzung für viele Dekorationstechniken und andere spezielle Verarbeitungstechniken. Diese Technologie ist zeitaufwändig und die Lackwaren entsprechend wertvoll und teuer.


Die Lackbeschichtung gliedert sich in drei Schritte: Grundierung, Zwischenbeschichtung und Überlackierung – Knochen, Gleich und Haut. Eine Grundierung wird durchgeführt, um die Wirkung der Überlackierung zu verbessern, und eine Zwischenbeschichtung wird aufgetragen, um die Deckschicht raffinierter und eleganter erscheinen zu lassen. Nach Abschluss der Grundierung wird das Teil zum Trocknen in einen Trockenschrank gestellt, ein hochfeuchtes Regal zum Trocknen von Lacken, ohne Schmutz und Staub zu vermeiden. Nach dem Trocknen wird der Artikel poliert, um die Oberfläche zu glätten und die Haftung der Zwischenlackschicht zu verbessern. Anschließend wird die Ware nach Abschluss der Zwischenbeschichtung wieder im Trockenschrank getrocknet. Nach dem Trocknen wird das Stück poliert, um die Oberfläche zu glätten und die Haftung des Überzugs zu verbessern. Die beim Überlackieren aufgebrachte Lackschicht ist etwas dicker als die Zwischenschicht. 

Es gibt viele verschiedene Techniken beim Japanlack, die sich alle die Viskosität und Härtungseigenschaften von Urushi zunutze machen, verschiedene Dekorationstechniken ermöglichen und auch unterschiedliche Oberflächenstrukturen imitieren können (Steinstruktur, Lederstruktur…).

Der Begriff Kawari-nuri bezieht sich auf viele Lackiertechniken, die benutzt  werden, um gemusterte oder strukturierte Oberflächen herzustellen und dabei die besonderen Eigenschaften von Urushi ausschöpfen, wie das wiederholte Auftragen und Polieren mehrerer Schichten farbigen Lacks oder die Nutzung der Haftfestigkeit und langen Trocknungszeit.

Die Technik wurde in der Vergangenheit auf Rüstungsteilen und aufwendigen Schwertscheiden verwendet (in der Edo-Zeit auch “Saya-nuri” genannt).

Lackwaren aus der Präfektur Aomori, Tohoku – Tsugaru-nuri – sind berühmt für die meisterhafte Beherrschung mehrerer dieser  Techniken.

Das Prinzip beruht auf unterschiedliche farbige oder (vergoldete oder versilberte) Schichten, die über einen schwach reliefierten Lackgrund aufgetragen und nach dem Aushärten durchgeschliffen werden und dann ein Muster enthüllen. Das Relief  kann auf mehrere Art und Weise erzeugt werden, durch Zugaben zum Lack (Tofu, Albumin, Gluten). Beim Aufstreuen von Samen (Raps) oder Reisschalen bzw. durch Auflegen von Algen oder Pflanzenteilen auf die lackierten Oberflächen zieht sich der Lack beim Erhärten an den Rändern etwas hoch, nach dem Entfernen der aufgestreuten bzw. aufgelegten Artefakte entstehen kleine Krater oder andere relegierte Flächen, die dann Grundlage für die weitere Bearbeitung sind.

Roland Meinel nutzt diese Technik häufig für Schalen und Gefäße, die Musterung der Oberflächen entsteht dabei durch die Struktur des Japanpapiers. 

Maki-e ist die bekannteste aller in Japan entwickelten Urushi-Dekorationstechniken. Bei dieser Technik werden Bildeffekte durch die Verwendung von Gold- und Silberpulver erzielt werden, Die zahlreichen beteiligten Prozesse werden nach Form, Größe und Qualität der verwendeten Gold- und Silberpartikel, der Ebenheit oder Plastizität der dekorierten Oberfläche und nach den Bearbeitungstechniken des aufgestreuten Metallpulvers  unterschieden.

Mit speziellen Sticheln und Klingen wird die Oberfläche graviert.  In die eingeritzten Linien und Punkte wird Urushi als Kleber in die Vertiefungen eingerieben und danach Blattgold oder Pulvergold aufgebracht.  Das überschüssige Gold wird entfernt,  nur in den eingeschnittenen Linien bleibt es erhalten. 

Diese Technik ist Chinkin (der mit Gold gefüllte Dekoration) nicht unähnlich. Statt Gold wird aber mit Pigmenten eingefärbtes Urushi verwendet, um die eingeschnittenen Linien zu füllen, danach die Oberfläche poliert. Die Technik kommt aus Thailand und wurde in der späten Edo-Zeit in Japan perfektioniert. 

Teile aus dünnen Gold- oder Silberblechen werden ausgeschnitten und auf der Oberfläche befestigt. Danach wird Japanlack aufgetragen und aushärtet, dann wird die Oberfläche geschliffen und poliert.

Durch wiederholtes Auftragen von farbigem Urushi wird eine dicke Schicht aufgebaut (100 Lackierungen ergeben eine Dicke ca. 3 mm), die dann geschnitzt wird, um ein mehrfarbiges Design zu erzeugen. Wenn nur roter Lack verwendet wird, heißt die Technik Tsuishu (rotes Urushi – Schnitzen), und wenn nur schwarzer Lack verwendet wird, heißt es Tsuikoku (schwarzes Urushi – Schnitzen). Diese Technik wurde zuerst in China verwendet.

In den Feuchten Lack wird Perlmutt eingelegt. Innenseite der Muscheln mit dem Perlmutter werden zu dünnen Flächen geschliffen und mit derschillernden Obeflche in feuchten Lack geklebt und nach dem Aushärten geschliffen und poliert.

Grundkörper mit Washi
Mit erstem Grundierungslack
Fertiges Objekt (Kinma-Technik und Vergoldung)
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