IKKANBARI ?
Ikkanbari (一閑張), auch bekannt als harinuki 張貫, ist eine alte japanische Handwerkstechnik, die immer noch verwendet wird und sich aktuell immer mehr Beliebtheit erfreut. Sie kommt ursprünglich aus China; wurde von Ikkan Hirai nach Japan gebracht und dann für Teegerät ausgeweitet. Inzwischen hat sich diese Technik hat gewandelt und wird heute vor allem für einfache Behältnisse, Schalen, Körbe oder Taschen verwendet.
Das Grundprinzip der Technik ist die Verbindung von Japanpapier washi, das über oder in einer Form getrocknet und mit einer Beschichtung, die Schutz und Schönheit gibt versehen wird. Das war früher der wertvolle Japanlack urushi und heute ist es oft “kakishibu“, ein Extrakt aus fermentierten unreifen kaki-Früchten (柿) – (Persimone).
Die Geschichte von Ikkanbari
Geschichte
Wie vieles andere auch, kommt die ursprüngliche Technik des Ikkanbari aus China. Um 1620, während der Ming-Dynastie, immigrierte Hirai Ikkan (1578 – 1657) aus Hangzhou, Provinz Zhejiang, von China nach Japan. Er soll Gelehrter und Lackhandwerker gewesen sein, ein Handwerk, dass eine lange Geschichte in China besaß. Er wurde in Japan eingebürgert und vervollkommnete seine Technik, Lack auf Papier aufzutragen. Er verwendete washi, das japanische langfasrige Papier, für die Basis seiner Lackarbeiten.
Im Tempel Daitoku-ji in Kyoto wurde Sen no Sōtan (千宗旦) (1578–1658) – der Enkel der berühmten Teemeisters Sen no Rikyū und selbst ebenfalls ein bekannter Teemeister – auf die in dieser Technik entstandenen Gefäße und Behälter aufmerksam. Die Bemühungen Sei no Sōtans, die Ideale und den Stil der von Rikyū entwickelten japanischen Teezeremonie zu verfeinern und weiterzugegeben, waren letztlich der Grund für ihn, die ikkanbari-Technik des Hirai Ikkan für Teegerät zu favorisieren und ihn zu seinem Lackmeister zu bestimmen.
Einem Zweig der Nachkommen von Hirai Ikkan, der Familie Hiki Ikkan wurde deshalb der Ehrentitel Senke Jusshoku verliehen, ein Titel, der von den Nachfahren Rikyus gegründeten Teeschulen (Omotesenke, Urasenke und Mushakōjisenke) verliehen wurde für 10 Handwerksfamilien, die mit der Herstellung von Teegerät betraut waren und deren Nachfahren diesen Titel heute noch innehaben.
Familie Hiki spaltete sich in zwei Strömungen auf:
- In die Familie Hiki, die fortan Geräte für die Teezeremonie (hauptsächlich Teebehälter, Tabletts und Behälter für Duftstäbe bzw. Holzkohle) herstellte und unter Schirmherrschaft der Teeschulen stand und
- in eine andere, die den Namen Hirai Ikkan – House of Senoshi annahm und Geräte für den täglichen Gebrauch herstellte (Tabletts, Kleinmöbel, Tische, Schalen, buddhistische Statuen, Blumenvasen, Schreibgeräte, Regenschirme und Sonnenschirme, Kästen, Dosen, Masken u. v. a. m.).
Die Nachkommen dieser Familien sind bis in die Gegenwart (14. /16. Generation) in ihrem Handwerk tätig.
Die ikkanbari-Gegenstände und das ikkanbari-Geschirr hatten viele Vorteile – sie waren durch die Verwendung von washi und urushi leicht und stabil, auf Reisen gut zu bewegen, sie isolierten durch ihre thermischen Eigenschaften und hielten bei Benutzung die Speisen lange warm. So entstanden im Laufe der Zeit viele Gebrauchsgegenstände, Behälter, Masken oder plastische Formen (Löwenhunde z. B.). Selbst Bodenmatten aus washi und kakishibu wurden traditionell verwendet und werden auch noch regional hergestellt. Diese werden wie Teppiche als Sommermatten yukon benutzt.
Das sind die besonderen Merkmale von Ikkanbari:
- Ikkanbari ist leicht und stabil. Darüber hinaus bleibt es unverändert, wenn es kaltem oder heißem Wasser oder Temperaturschwankungen ausgesetzt ist. Es ist insektenabweisend und antiseptisch.
- Ikkanbari ist elastisch, splittert und bricht nicht wie Keramik und Porzellan.
- Ikkanbari hat eine glatte, warme Oberfläche und eine ansprechende ästhetische Qualität.
- Schmutz und die Kratzer sind weniger auffällig als auf anderen Lackwaren, sie lassen sich leicht beseitigen.
- Da ikkanbari wasserdicht ist, kann es mit einem feuchten Tuch gereinigt werden.
- Die ikkanbari-Gegenstände vermitteln eine gewisse Raffinesse und Perfektion, ähnlich wie Lackwaren.
Ikkanbari als Handwerk und Recycling
Aufgrund dieser o.g. Vorzüge hat sich in den nachfolgenden Jahrhunderten eine weitere Variation dieser Technik entwickelt. Diese ist durch die Schichtung von japanischem Papier und die Beschichtung mit dem adstringierenden Saft der Kaki (kakishibu) gekennzeichnet.
Gleichzeitig hat sich aber auch ein Bedeutungswandel vollzogen.
Was zunächst eine gewöhnliche Reparaturarbeit war, bei der kaputte Korb- oder Bambuswaren von den Bauern mit washi beklebt und dann mit Kakisaft bestrichen wurden, um sie wasserfest und beständig zu machen, wurde dann ab 19./20. Jh. zu einer beliebten Methode, solche Gegenstände neu von Handwerkern und auch von Laien in der Freizeit (DIY) herzustellen – “Honshibori Ikkanbari” genannt. Dabei werden für eine zweite Schicht washi auch alte Zeitungen, Drucke oder andere Druckerzeugnisse eingesetzt, aber auch Kalligrafien oder Tuschzeichnungen. Diese Vorgehensweise ist eng verbunden mit der japanischen Philosophie des Nicht-Verschwendens “mottainai“.
So entsteht Ikkanbari
Der Aufbau eines ikkanbari-Produktes entspricht im Grundsätzlichen – ähnlich wie der Aufbau eines urushi-Lackobjektes – der Gestalt des menschlichen Körpers:
- Erst die Knochen, die Festigkeit geben – hier das Geflecht oder Grundgerüst aus Bambus oder kaschiertem Papier
- Dann das Fleisch, die Muskeln, die Beweglichkeit und Flexibilität ermöglichen – die einzelnen Washi-Schichten
- Und dann die Haut. die den Körper schützt und nach außen abschließt – urushi-Lack oder kakishibu.
Eine weitere Variante der ikkanbari-Technik ist das harinuki -Verfahren 張貫, oft mit dem im Westen bekanntem Papiermaché verglichen. Dabei werden mehrere washi-Schichten über Formen oder im Mulden mit einem Kleister aus Reis und Japanlack (nori-urushi) verklebt bzw. kaschiert. Getrocknet und aus der Form genommen, sind die in dieser Technik hergestellte Produkte stabil, leicht und können anschließend wie Lackobjekte beschichtet und behandelt werden. Diese Technik wurde oft verwendet, um Möbel, Geschirr, Masken oder auch plastische Arbeiten, wie Heiligen- oder Tierfiguren herzustellen.
- Auf ein Grundgeflecht aus Bambus, Gras, Weiden oder washi-Streifen werden gerissene Teile von Japanpapier mittels Stärkekleister aufgebracht – nach dem Trocknen oft auch eine zweite Schicht als Verstärkung. Danach wird das Produkt oft dekorativ mit alten Papieren, Druckerzeugnissen, Kalligrafien oder Zeichnungen verziert. Nach dem Trocknen kann man das Geflecht durch das Papier sehen und auch haptisch spüren.
- Die Beschichtung erfolgt mit “kakishibu“, eine Farb- und Beschichtungsflüssigkeit aus fermentierten, unreifen, tanninreichen und adstringierenden Kakifrüchten, oft in mehreren Schichten. Nach dem Trocknen sind die so hergestellten Gegenstände wasserfest, stabil, aber auch flexibel. Die kaki-Beschichtung beugt Insektenfraß und Schimmelstellen vor und dunkelt mit der Zeit etwas nach.
Ikkanbari als Kunst und Gestaltung
Roland Meinel benutzt diese Techniken für seine Objekte, Installationen und Gebrauchsobjekte, z. B. Schalen und Behälter.
Meist wird dabei die harinuki – Technik 張貫 benutzt, bei der mehrere Schichten Japanpapier mit Reisleim-Kleber (auch mit Urushi versetzt – nori-urushi のり漆 – 糊漆) verklebt werden. Nach dem Trocknen werden die Stücke entweder roh belassen, mit kakishibu beschichtet, einmalig mit durchscheinendem Lack oder aber mittels eines langwierigen Aufbauprozesses mit aufwendigen Grundierungen und mehreren Lackschichten versehen. Oft werden die Oberflächen auch poliert oder vergoldet.